Außerschulische Lernorte möge man mit den Klassen aufsuchen, wann immer dies Sinn ergebe, denn an außerschulischen Lernorten lassen sich oft viel eindrücklicher Erkenntnisse gewinnen als im Klassenraum. So steht es in den Lehrplänen. Dies bestätigt auch die Hirnforschung, von der immer wieder zu vernehmen ist, dass das menschliche Gehirn immer und überall lernt und keineswegs nur in speziell dafür vorgesehenen Klassenräumen.
Bestehen Anknüpfungspunkte? Und wenn ja, welche?
Außerschulische Lernorte sind in der beruflichen Bildung oft Betriebe, oft die Betriebe, in denen ausgebildet wird. Besucht man Betriebe, bedarf es einer guten Vorbereitung. Man muss beispielsweise gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern prüfen, welche fachlichen Anknüpfungspunkte bestehen (können), welchen Kenntnis- und Ausbildungsstand die Schülerinnen und Schüler haben, was genau am Zielort gesehen, besprochen, hinterfragt, verstanden werden kann, welche Fragen es sich zu stellen lohnt, und so fort.
Um konkret zu werden: Am Mittwoch, dem 27. April 2022, machte sich die eCom-Klasse TE2001 auf nach Ludwigslust, um die Fenix Outdoor Logistics GmbH zu besuchen. Kein „Katzensprung“, vielmehr eine 1,5-stündige Autofahrt, für die Fahrgemeinschaften gebildet wurden, die sich nach Wohnort und Musikgeschmack zusammenfanden.
Prozessschritte im Detail
Angezettelt und vorgeplant wurde der Besuch von einem Schüler der Klasse und Auszubildenden der Firma Globetrotter in Hamburg – wer kennt nicht den roten, quadratischen Riesenstore am Barmbeker Bahnhof, in dem auf der linken Seite hinter einer hohen Glaswand immer die ganzen Kanus und Kajaks an der Wand hoch und runter gefahren werden? Mustafa also plante den Besuch vor, und zwar nicht irgendwie, sondern er connectete uns direkt mit dem geschäftsführenden Gesellschafter vor Ort, der uns in einem 2,5-stündigen Rundgang tausend Fragen beantwortete und x Prozessschritte im Detail zu erläutern wusste: Wie ist der Retourenprozess organisiert? Wie erkennt man, ob die Ware überhaupt bei Globetrotter oder einem der anderen Vertragspartner gekauft wurde? Warum wird das „Picken“ nicht von Hühnern erledigt, sondern von Menschen, die am Tag bis zu sechs Kilometer gehen, um die richtigen Artikel in der kürzestmöglichen Zeit aus dem Regal auf das Band und später in den Karton zu bekommen, der so schnell wie möglich auf die Reise zum Kunden geschickt werden soll, denn die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht und im E-Commerce ist die Lieferzeit (fast) alles?
Im Bereich Inbound ging unsere Tour durch das Logistikzentrum los, wir sahen uns an, wie die Ware von den Produzenten an den Werkstoren angeliefert, eingebucht und eingelagert wird, bis sie am anderen Ende der Halle im Outbound die Hallen wieder verlässt. Eine Fülle von Insights bekamen wir, die deswegen so wertvoll waren, weil sich die Klasse bereits im zweiten Ausbildungsjahr befindet und bei uns in der Schule bereits über Standortfaktoren (Warum Ludwigslust?), optimale Bestellmengen (Das Lager lieber vollstopfen oder leer laufen lassen?) oder Key Performance Indicators (Machen wir das, was wir machen, eigentlich gut?) nachgedacht hat.
Ein Riesendank geht an Mustafa, der den Besuch organisiert hat, und an Hans-Joachim Heuer, der das Logistikzentrum aufgebaut hat und heute leitet … und der vor dem Werksgelände auch noch Bienen züchtet – an der Rezeption im Eingangsbereich erwarben wir einige Gläser Rapshonig, bevor wir uns zurück auf die leere Autobahn nach Hamburg machten.